Frankfurts Straßennamen

Die Kaiserstraße im Bahnhofsviertel, benannt nach Wilhelm I., wurde 1947 in Friedrich-Ebert-Straße umbenannt. Die Frankfurter konnten sich damit nicht anfreunden - nach einigen Jahren bekam die Straße ihren alten Namen zurück.
Die Kaiserstraße im Bahnhofsviertel, benannt nach Wilhelm I., wurde 1947 in Friedrich-Ebert-Straße umbenannt. Die Frankfurter konnten sich damit nicht anfreunden – nach einigen Jahren bekam die Straße ihren alten Namen zurück. Bild: Monika Gemmer

Ist das Abtsgäßchen wirklich nach einem geistlichen Würdenträger benannt? Welche Rekorde halten Friedrich-Wilhelm-von-Steuben-Straße, Wed und Xaver-Fendt-Straße? Lebt man in der Schönwetterstraße tatsächlich auf der Sonnenseite? Und was hat es eigentlich mit dem Großen, Mittleren und Letzten Hasenpfad auf sich?

Rund 3400 offizielle Straßen gibt es in Frankfurt am Main, und viele davon tragen Namen, deren Herkunft sich nicht auf den ersten Blick erschließt.

Im Leitfaden der Stadt (PDF) heißt es, die Benennung sei „von historischen Flur- und Gewannbezeichnungen, von lokalen historischen Gegebenheiten, bedeutsamen Ereignissen oder von um das Gemeinwohl verdienten Persönlichkeiten herzuleiten“.

Werfen wir Blick auf die Straßen, die nach Persönlichkeiten benannt sind – in Frankfurt sind das, wie in anderen Kommunen auch, vor allem Männer. Die Karte macht den Unterschied deutlich: Blaue Straßen sind nach männlichen, rote Straßen nach weiblichen Personen benannt:


Karte: Monika Gemmer, Geodatenquelle: frankfurt-gestalten.de

Immerhin: Die Frauen holen auf. Auf der offiziellen Vorschlagsliste für neue Straßennamen (PDF), die das Stadtvermessungsamt führt, ist der Abstand mit 90 zu 36 zwar immer noch deutlich, aber nicht mehr ganz so groß.

Nun müssen für neue Frankfurter Straßennamen nur noch konsequent Frauen zum Zuge kommen, und das die nächsten, sagen wir, hundert Jahre lang. Gleichberechtigung kann so einfach sein! Also, liebe Ortsbeiräte: Wählt Straßennamen mit Bedacht.

Denn die Ortsbeiräte sind es, die für Straßentaufe zuständig sind. Der Magistrat macht dem Ortsbeirat, in dessen Bezirk eine Straße zu benennen ist, einen Vorschlag. Manchmal kommen alternative Namensideen auch aus dem Gremium selbst. Für den Fall, dass die Entscheidung des Ortsbeirats beim Magistrat auf Bedenken stößt, kann er die Abstimmung der Stadtverordnetenversammlung vorlegen – sie hat dann das letzte Wort.

Kein Minz-und-Maunz-Weg – schade eigentlich

Manchmal sind Ortsbeiräte ziemlich kreativ. Im Gallus schlugen grüne Mitglieder einmal Jim Knopf als Namensgeber für eine Straße am früheren Bundesbahn-Ausbesserungswerk vor. Der Waisenjunge aus der Augsburger Puppenkiste setzte sich jedoch gegen den Ingenieur und Hauptbegründer des Eisenbahnwesens George Stephenson nicht durch. Auch die Benennung eines Weges nach Minz und Maunz, den beiden Katzen aus dem Struwwelpeter, kam nicht zustande. Immerhin: Ihr „Vater“, der Frankfurter Arzt Heinrich Hoffmann, hat seine Straße im Stadtteil Niederrad bekommen.

Wechselvolle Namensgeschichte am Börneplatz. Bild: Monika Gemme
Wechselvolle Namensgeschichte am Börneplatz. Bild: Monika Gemmer

Straßennamen sind eine Erfindung des 19. Jahrhunderts – und immer dienten sie auch politischen Zwecken. Aus den Benennungen und Änderungen lassen sich die Zeitläufe ablesen. In den Jahren 1933 bis 1945 etwa hat die nationalsozialistischen Stadtführung eine ganze Reihe von Namen jüdischer Persönlichkeiten aus dem Straßenbild getilgt. Das Institut für Stadtgeschichte listet auf der informativen (leider aber auch nutzerunfreundlichen) Website www.frankfurt1933-1945 rund 90 Straßen auf, die die Nazis umbenannt haben (zu finden unter Beiträge – NS-System im Alltag).

Heute machen geographische Hintergründe den Löwenanteil der Straßennamen in Frankfurt aus: 39 Prozent der amtlichen Straßen sind nach Orten, Regionen, Bergen, Flüssen oder oftmals auch nach alten Flurbezeichnungen benannt.

Das Abtsgäßchen heißt, wie übrigens viele Straßen der Stadt, nach einer alten Frankfurter Familie. Im Jahr 1893 verkaufte sie ihr Grundstück in Sachsenhausen, damit hier die neue Straße gebaut werden konnte.

Die Straße Wed in Höchst ist nach einem früheren Bachlauf des Liederbachs benannt (in einem Wed säuberte man Pferde, bevor sie in den Stall geführt wurden) – und zugleich ist Wed der kürzeste unter den Straßennamen der Stadt. Die Friedrich-Wilhelm-von-Steuben-Straße in Bockenheim darf sich rühmen, den längsten Frankfurter Straßennamen zu tragen, die nach einem Ingenieur benannte Xaver-Fendt-Straße in Kalbach-Riedberg ist die einzige in der Stadt, die mit dem Buchstaben X beginnt.

Der Namenspate der Schönwetterstraße im Stadtteil Dornbusch ist Adam Schönwetter von Heimbach, der im 16. Jahrhundert die erste Ausgabe der „Frankfurter Reformation“ schrieb, eine Zusammenstellung des Stadtrechts.

Und der Hasenpfad, von dem es einen Letzten, einen Großen und einen Mittleren gibt? Er geht zurück auf die Sachsenhäuser Gärtner, die in diesem Gebiet Hasen jagten.